They have an interview with the Serious Brothers about Imagine Earth in their recent issue #4. Sadly it’s only in a german computer game magazin… Direct Link to the article in their online reader. The full interview can be found below. Just
Interview mit dem WASD Magazin – Texte über Games
Zum Thema Zukunft in Computerspielen
Was ist “Imagine Earth”?
In Imagine Earth entwickelt der Spieler eigene Zivilisationen. Dabei gilt es die Balance zwischen Wachstum und Nachhaltigkeit zu finden, um den Planeten und somit die Lebensgrundlage nicht zu zerstören. Die expandierenden Städte wachsen zu einem herausfordernden Puzzle aus Bedürfnissen, Einflüssen und Umweltzusammenhängen an.
Wie genau funktioniert das Spiel, was ist das Ziel?
Es handelt sich um eine neuartige Mischung aus Aufbau-Simulation und Arcade-Spiel. Es beginnt als Einstellungstest für einen Managerposten, man sieht sich genötigt Städte, Kraftwerke von Fabriken im Akkord aus dem Boden zu stampfen um die Gewinnvorgaben der Firma und der Aktionäre zu erfüllen. Die Spielkarriere ist auf Gedeih und Verderb mit dem Schicksal der Planeten verbunden, die einem im Verlauf der Handlung unterstellt werden. Es ging uns darum, die Komplexität eines globalen Ökosystems in ein eingängiges und packendes Spielprinzip zu transportieren.
Welche Rolle spielen Umweltkatastrophen und Klimakollaps?
Da der Spieler bald freie Wahl hat zwischen fossilen Energiequellen und erneuerbaren Technologien, kommt er in den Genuss von Ölteppichen, Chemieunfällen, Pestizidbelastungen und Atomkatastrophen.
Mit einem sich verschärfenden Klima nehmen Tornados und Waldbrände zu. Es veröden die Böden und das Schmelzen der Polkappen lässt den Meeresspiegel steigen. Im Zeitraffer dieser Weltgeschichte wird sich der Spieler mit seiner Expansionslust bald selbst zum ärgsten Widersacher – so kommt das Spiel prima ohne Bösewichte und moralische Zeigefinger aus. Entweder kriegt deine Gesellschaft ökonumisch und ökologisch die Kurve oder es heißt eben „Earth Over“.
Wie seid ihr auf die Idee zu “Imagine Earth” gekommen?
Begonnen hat es vor einigen Jahren mit einem internationalen Gamedesign-Wettbewerb für Studenten zum gravierenden Problem der Klimaerwärmung. Wir wollten einen ganzen Planeten als Experimentier- und Spielball, um die Globalität des Problems erfahrbar zu machen. Dies forderte eine enorme Reduktion der Faktoren. Der Spieler muss nur für die vier Ressourcen Energie, Güter, Nahrungsmittel und Geld sorgen. Zu jeder Ressource gibt es maximal acht Produktionsgebäude mit jeweils zwei Technologie-Upgrades. Kombinationsvielfalt und Entscheidungsfreiheit machen es ähnlich spannend und komplex wie die Wirklichkeit.
Was haltet ihr von Zukunftsdarstellungen in sonstigen Games?
Möglicherweise gibt es oftmals zu moribunte Szenarien, die natürlich Spaß machen, verlocken und entführen wollen. Gern sind es wundervolle Welten, die zum Eskapismus einladen. Der Spagat zwischen Entertainment und Authentizität ist die große Herausforderung für Computerspiele mit einem gewissen Realitätsbezug.
Wie geht “Imagine Earth” mit dem Thema Zukunft um? Was macht ihr anders als andere Spiele?
Wir lassen das offen, der Spieler kann sich erproben. Wenn eines Tages die angrenzenden Wälder im Weg sind, die Ressourcen knapp werden, während die Städte zu müllen und die Infrastruktur dahinsiecht. Das alles kann die Dramaturgie eines zugesemmelten Tetris-Schachts entwickeln.
Das Spiel lehnt sich erstmal nicht allzu weit aus dem Fenster. Der technologische Rahmen entspricht dem des 21. Jahrhunderts, jedoch haben wir dieses Szenario auf fantasievolle, imaginäre Miniwelten verpflanzt. Science-Fiction ist dennoch nicht die Lösung der Zukunftprobleme, sondern ein schlauer Einsatz der vorhandenen Ressourcen und Möglichkeiten.
Welche Spiele haben euch besonders beeinflusst?
Wir haben das Spiel früher gerne als Sim City im Google Earth Modus bezeichnet, aber im Grunde ist es zu anders und es fällt mir spontan kein Spiel ein welches in dieser Form einen frei bebaubaren Globus als Spielfeld anbietet.
Was unterscheidet euch von Klassikern wie “Siedler” oder “Civilization”, in deren Tradition ihr euch bewegt?
Diese Kandidaten sind Archetypen des liebenswürdigen Aufbau- und Bastelbetriebs; in geruhsamen Historismus gewandet. Imagine Earth konzentriert sich auf die dynamische Neuzeit, auf ein konkretes Krisenszenario. Es gibt ein Belohnungssystem, das Baugenehmigungen, Entwicklungshilfen und Wachstumsboni ausschüttet, ganz im Sinne der heute vorherrschenden Wachstumsideologie.
Wer soll “Imagine Earth” überhaupt spielen – welche Zielgruppe habt ihr im Sinn?
Mit dem etwas bunten Arcadelook haben uns zuweilen das Vorurteil eingehandelt, das Spiel eröffne ein Harmoniewelt für weibliche Gamer oder Kinder die was lernen sollen. Doch der Identifikationssog, den so ein in Verschmutzung versinkender Planet zu entwickeln vermag, verblüfft in der Regel alle, die sich an unserer Demoversion probieren. Das hat dann keiner gewollt und es tangiert jeden auf unverhoffte Weise.
Was kann man von “Imagine Earth” über die Zukunft lernen?
Die Zukunft wird sein, wozu wir sie gemacht haben werden. Eine gewisse Sensibilisierung für diese Kausalität in einem geschlossenen System könnte eintreten. Ich hoffe sehr, dass wir beim Crowdfunding genug Unterstützung für den „Battlemode“ nebst Emmissionshandel finden: Man kann nur gewinnen, wenn man die gemeinsame Erfolgsgrundlage nicht zerstört.
Ihr habt ja schon ein paar Preise abgeräumt – welche waren das und haben euch die Auszeichnungen motiviert und bestätigt?
Die Entwicklungszeit wurde von einigen Nominierungen und mittlerweile zwei Auszeichnungen begleitet, bereits 2009 erhielt eine frühe Konzeptphase des Spiels den Serious Games Award auf der CeBit. Letztes Jahr gab’s Intels Levelup Award für das beste Simulation Game im Wettbewerb. Natürlich haben diese Preise unseren Idealismus befeuert dran zubleiben. Vor allem aber auch das Gefühl, einer Sache zu arbeiten deren Aktualität nur zunehmen kann.
Ihr macht jetzt ein Crowdfunding für dieses Langzeitprojekt?
Das Spielsystem und Interface Design haben nach dem dritten Remake ihre finale Form gefunden, so können wir für die halbjährige Endphase der Entwicklung von Story und Missionen einen guten Plan anbieten. Im Grunde ist dieses hippe Bezahlmodell mit einer Vorbestellung vergleichbar, welche die Produktion ermöglicht. Wir versuchen Leute für unseren Early Access zu begeistern, die erhalten dann Vorabversionen zum Testen. Jedes Feedback wird ie Imagine Earth genauso spannend finden wie wir und teilhaben wollen.
“Deine Einwohner sind hungrige kleine Konsumenten und werden keine Steuern zahlen, bis du nicht all ihre Bedürfnisse erfüllst.”, eure Beschreibung klingt ja nach kleinen Schmarotzern. Sind wir Menschen denn wirklich so?
Tja, die Zahlen geben das her. Andererseits steckt auch viel Ironie in Imagine Earth. Ein Videogame typischer Humor tröstet über die üblichen Erklärungsnöte hinweg. Man kann in den Städten ebenso mit Shopping Malls, Fleischfabriken und Vergnügungsparks die Stimmung steigern, wie mit Natur, Naherholungsgebieten und Biofarmen.
Ihr kommt aus der Ecke der Indie-Spiele – wie seht ihr allgemein die Zukunft des Marktes mit ihren neuen Konsolen, offenen Next-Gen-Konsolen und Blockbustern?
Dass wir zu zweit ein vollwertiges Spiel produzieren können liegt nicht zuletzt daran, dass man viele Tools dazu kostenlos im Netz bekommt und auch die selbstständige Distribution ist so einfach wie noch nie. Auch die Portierbarkeit zwischen all den Systemen nimmt zu. Die Zahl der Plattformen steigt und eröffnet uns Indies großartige Möglichkeiten.
Was ist euer persönlicher Tipp zur Weltrettung?
Das alltägliche Rattenrennen und die Illusion vom grenzenlosen Wachstum, muss endlich mit weitreichenden Gesetzen und internationaler Kooperation gestoppt werden. Auch die irrsinnige Konkurrenzdynamik der heutigen Weltwirtschaft gehört reguliert, Ökobilanzen müssen in die Bewertung von Konzernen gemeißelt werden. So fundimäßig das klingen mag, der Totalverschleiß unserer Ressourcen und Lebenswelt wird sich anders nicht stoppen lassen.